Il y a fagots et fagots;
Zwischen Holz und Holz ist ein Unterschied;
und als er, wider seinen Willen den Arzt spielend, die Lage der Leber und des Herzens verwechselt und auf diesen Irrtum aufmerksam gemacht wird, erwidert er 2, 6:
Nous avons changé tout cela,
Wir haben das Alles geändert.—
Aus 1, 1 des ebenfalls 1666 erschienenen "Misanthrope" sind die Worte des Alceste bekannt:
L'ami du genre humain n'est point du tout mon fait.
Wer aller Menschen Freund, der ist der meine nicht.—
Tartufe,
die Hauptperson in "le Tartufe", (1667) ist ein allgemein verständlicher Ausdruck für "Scheinheiliger" geworden.
(Molière selbst schrieb: Tartuffe. Tartufo kommt als Bezeichnung eines bösartigen Menschen in Lippis "Malmantile" vor, der handschriftlich in Frankreich vor dem Tartufe in Umlauf war. S. Littré.)—
Les envieux mourront, mais non jamais l'envie.
Die Neider sterben wohl, doch nimmermehr der Neid,
in 5, 3 des "Tartufe" ist ein älteres, von Molière in die Litteratur eingeführtes Sprichwort, welches Quitard ("Dictionnaire des proverbes") aus Philippe Garniers 1612 in Frankfurt erschienener Sammlung citiert.—
Aus Molières "George Dandin" (1668), 1, 9 sollten wir: "Vous l'avez voulu; vous l'avez voulu, George Dandin, vous l'avez voulu" bei selbstverschuldetem Missgeschick citieren; statt dessen sagen wir:
Tu l'as voulu, George Dandin, tu l'as voulu.
Du hast es so haben wollen, George Dandin, du hast es so haben wollen.—
In Molières "Fourberies de Scapin" (1671) 2, 11 wiederholt Géronte siebenmal:
Que diable allait-il faire dans cette galère!
Was zum Teufel hatte er auf jener Galeere zu suchen?
womit wir auf den Unvorsichtigen zielen, der, wie man zu sagen pflegt, in ein Wespennest gestochen hat. Schon früher hatte Molières Jugendfreund, Cyrano de Bergerac, in "le Pédant joué", 2, 4 dies Wort angewendet; doch erfahren wir aus Grimarests "Leben Molières", Paris 1715, dass es Cyrano samt der ganzen Scene, in der es vorkommt, nur Molières vertraulichen Mitteilungen verdankte und während dessen Abwesenheit in der Provinz seinem Lustspiel einverleibte; dass dann Molière nach seiner Rückkehr zur Hauptstadt sich seines geistigen Eigentums, als er die "Fourberies de Scapin", schrieb, mit den Worten "Je reprends mon bien où je le trouve" wiederbemächtigte, was umgeändert in
Je prends mon bien où je le trouve
Ich nehme mein Eigentum, wo ich es finde,
ein geflügeltes Wort wurde. "Je reprends mon bien où je le trouve" ist aber wohl nur eine Übersetzung des Rechtssatzes "Ubi rem meam invenio, ibi vindico", der auf L. 6 Dig. "De rei vindicatione" (I, 9) beruht: "ubi enim probavi rem meam esse, necesse habebit possessor restituere".—
In Molières "Les Femmes savantes", (1672) 3, 2 sagt Armande:
Nul n'aura de l'esprit, hors nous et nos amis!
Keiner soll Geist haben als wir und unsere Freunde!—
Einen Menschen, der sich einbildet, krank zu sein, nennen wir einen
Malade imaginaire
nach Molières Komödie "Le Malade imaginaire" (1673), aus der uns Argans Seufzer (2, 11) geläufig wurde:
Ah, il n'y a plus d'enfants!
Ach, es giebt keine Kinder mehr!—
Juste milieu
Richtige Mitte
kommt zuerst vor in Blaise Pascals (1623-62) "Pensées sur la religion" (3, 3, Amst. 1692; 1. Ausg. Par. 1670). Ludwig Philipp wandte das Wort auf seine innere Politik an ("Nous chercherons à nous tenir dans un juste-milieu également éloigné des excès du pouvoir populaire et des abus du pouvoir royal" . . . s. den "Moniteur universel" vom 31. Januar 1831) und gab damit seinem Regierungssystem den bleibenden Namen.—
Aus Nicolas Boileau-Despréauxs (1636-1711) 9. Epistel, Anfang, ist:
Rien n'est beau que le vrai; le vrai seul est aimable.
Schön ist das Wahre nur; das Wahre nur ist lieblich.
Aus seiner Satire 1, 52 stammt:
J'appelle un chat un chat et Rolet un fripon.
'ne Katze nenn' ich Katz' und Rolet einen Schelm.
Dieser Rolet war ein Prokurator von schlechtestem Rufe; öffentlich mit ihm anbinden war gewagt, und Boileau glaubte sich damit zu helfen, dass er seinem Verse die Randbemerkung hinzufügte: "Rolet, Gastwirt bei Blois". Nun wollte aber der Zufall, dass bei Blois wirklich ein Gastwirt Rolet wohnte, den dieser unbeabsichtigte Angriff in nicht geringe Wut versetzte. Der Dichter hatte Mühe ihn zu besänftigen.—
Der Schlussvers des zweiten Gesanges der "Art poétique" des Boileau lautet:
Un sot trouve toujours un plus sot, qui l'admire
Ein Thor fand immer noch den Tropf, der ihn bewundert.—
In Nolant de Fatouvilles "Arlequin, Empereur dans la Lune", aufgeführt 1684, (Ghérardi "Théâtre italien", B. 1) macht Harlekin, der sich für den Kaiser im Monde ausgegeben hat, dem Doktor, dessen Tochter er heiraten will, eine Beschreibung der Mondbewohner; bei jedem Zuge dieser Beschreibung bemerken die Umstehenden: "C'est tout comme ici" und zwar neunmal. Daraus entstand das bekannte
tout comme chez nous,
ganz wie bei uns.
Holberg benutzt im "Ulysses" 2, 2 diese Wendung häufig in dänischer Form (ligesaa hos os).—
Embarras de richesses,
Reichtumsnot,
ist der Titel einer Komödie des Abbé d'Allainval (†1753).—
Philipp Néricault Destouches (1680-1754) sagt in der Komödie "Le Glorieux" (zuerst gegeben 18. Jan. 1732) 2, 5:
La critique est aisée, et l'art est difficile,
Die Kritik ist leicht, und die Kunst ist schwer;
in 3, 5 befindet sich der dem Horaz (Epist. 1, 10, 24 "Naturam expellas etc.") nachgebildete Vers:
Vertreib't das Naturell, es kommt im Nu zurück.—
Das Bild für eine komisch grosse Erregung in kleinem Kreise,
Sturm im Glase Wasser,
verdanken wir Charles de Sécondat, Baron de Montesquieu (1689-1755), welcher die Wirren in der Zwergrepublik San Marino "tempête dans un verre d'eau" nannte (s. Balzacs "le Curé de Tours" p. 281, Oeuvr. compl. Par. 1857).
Ihm floss dieser Vergleich wohl aus den Alten zu. In ähnlichem Sinne nämlich war zur Zeit Ciceros (s. "de leg." 3, 16) "excitare fluctus in simpulo" (Stürme im Schöpflöffel erregen) sprichwörtlich; und im Athenaeus ("Deipnos." VIII, 19) verspottet der Flötenspieler Dorion die Tonmalerei des Zitherspielers Timotheos, der einen Seesturm spielen wollte, mit den Worten: "er habe in einem siedenden Kochtopfe schon einen grösseren Sturm gehört".—
Von Worten François Marie Arouet de Voltaires (1694-1778) sind bekannt: aus "Candide":
Tout est pour le mieux dans le meilleur des mondes possibles,
Alles ist aufs beste bestellt in der besten der möglichen Welten,
ein von Leibniz in "Theodicaea", (1710) 1, 8 (— —nisi inter omnes possibiles mundos optimus esset, Deus nullum produxisset, Gott hätte keine Welt geschaffen, wenn sie nicht unter allen möglichen die beste wäre) ausgesprochener und von Voltaire in diesem Romane verspotteter Gedanke; dann Vers 1, 7 der Komödie "Charlot":
Et voilà justement comme on écrit l'histoire
Und das ist just die Art, wie man Geschichte schreibt,
während er ein Jahr früher, 24. Sept. 1766, an Madame du Deffand in Prosa geschrieben hatte: "Et voilà comme on écrit l'histoire". In Voltaires "Jeannot et Colin" lesen wir: "Toutes les histoires anciennes, comme le disait un de nos beaux esprits, ne sont que des fables convenues" und vermuten Voltaire selbst in dem "Schöngeist", der uns so die Geschichte eine
fable convenue
vereinbarte, zugegebene Fabel
nennen lehrte. Andere rathen auf Fontenelle, wie Garnier in seiner Voltaire-Ausgabe T. XXI, p. 237 ohne Fundstelle.—
Aus dem ersten Gesange von Voltaires "Henriade" ist der 31. Vers:
Tel brille au second rang, qui s'éclipse au premier,
Oft glänzt im zweiten Rang, wer ganz erlischt im ersten;
aus der Vorrede zum "Enfant prodigue":
Tous les genres sont bons, hors le genre ennuyeux,
Alle Kunstgattungen sind gut, mit Ausnahme der langweiligen Kunstgattung,
(von Wieland am Ende seiner "Sendschreiben an einen jungen Dichter", von Goethe in dem am 11. Juni 1792 gesprochenen Epilog [s. seine "Theaterreden"], nachgeahmt);
aus "le Mondain":
Le superflu, chose très-nécessaire,
Das Überflüssige, ein höchst notwendiges Ding.—
Der Salomon des Nordens
wird Friedrich der Grosse zuerst in Voltaires "Ode an die Preussen bei der Thronbesteigung Friedrichs" (1740) und später oft in den Briefen genannt.
Voltaires:
Ecrasez l'infâme
findet sich in seinem Briefwechsel mit einigen ihm befreundeten Freigeistern in dem Zeitraume von 1759-68. Man trifft diesen Ausdruck, und ähnliche, in seiner Korrespondenz mit Friedrich dem Grossen, Helvetius, Diderot, d'Alembert, Marmontel, Thieriot, dem Advokaten Christin, dem Grafen d'Argental, Marquis d'Argens, Madame d'Épinay und Damilaville. Namentlich zeichnete Voltaire seine Briefe an d'Alembert oft und an Damilaville, den anonymen Verfasser eines "Enthüllten Christentums", einen seiner zuverlässigsten Freunde, gewöhnlich statt mit seinem Namen mit Écr. l'inf.. . oder auch wohl Écrlinf, so dass die mit der Eröffnung staatsgefährlicher Briefe betrauten Beamten dies für den Namen des Absenders hielten. Der Ausdruck "L'infâme" findet sich zum ersten Mal in einem Briefe Friedrichs des Grossen an den Marquis d'Argens vom 2. Mai 1759, dann in einem Briefe, den der König am 18. Mai 1759 aus Landshut an Voltaire richtet, und zuletzt in einem Brief Voltaires am 27. Jan. 1768 an Damilaville. Das Wort scheint später aus Voltaires Korrespondenz zu verschwinden, weil es eine ihm gefährliche Berühmtheit bekommen mochte. Aus sämtlichen Stellen geht hervor, dass "infâme" als weibliches Eigenschaftswort zu denken ist, zu dem man daher ein entsprechendes Hauptwort zu ergänzen hat. Voltaire wünschte, das zu ergänzende Hauptwort solle "superstition", Aberglaube, sein, was sich aus vielen seiner Briefe ergiebt, z. B. 1) aus einem vom 23. Jan. an d'Alembert, 2) aus einem vom 29. Aug. 1762 an den König, 3) aus einem vom 28. Nov. 1762 an d'Alembert, und 4) aus einem vom 21. Juni 1770 an denselben. Voltaire meinte mit "Aberglauben" die Kirche (nicht die Religion).—
Séide, Seïde,
der Sklave Muhameds, ist durch Voltaires Tragödie "Le fanatisme ou Mahomed le prophète" (1739) die Bezeichnung für einen fanatischen Nachbeter und Anhänger geworden.—
Ebenda 2, 4 spricht Mahomed das Wort aus, das Beaumarchais zum Motto nahm:
Mein Leben ist ein Kampf.
Dieser Gedanke war nicht neu; denn nach der Vulgata lautet Hiob 7, 1 "Militia est vita hominis" ("des Menschen Leben ist ein Kampf", nach Luther: "Muss nicht der Mensch immer im Streit sein auf Erden?"); Euripides ("Die Hülfeflehenden" 550) sagt: "πάλαισμά θ' ἡμῶν ὁ βίος" ("Unser Leben ist ein Kampf") und Seneca schreibt im 96. Briefe: "Vivere militare est", "leben heisst kämpfen" (vrgl. "Gefl. Worte aus lateinischen Schriftst." und 1. Tim. 6, 12; 2. Tim. 4, 7 sowie Goethes "Denn ich bin ein Mensch gewesen u. s. w.").—
In Voltaires "Discours sur l'homme", 6, lesen wir:
"Mais malheur à l'auteur qui veut toujours instruire!
Le secret d'ennuyer est celui de tout dire".
Doch wehe dem Poët, der lehrt in jeder Zeile!
Wer Alles sagt, besitzt die Kunst der Langenweile.—
Le style, c'est l'homme,
Wie der Stil, so der Mensch,
ist eine Umänderung der Worte des Grafen George Louis Leclerc de Buffon (1707-88) in seiner Antrittsrede in der Akademie: "Recueil de l'Académie" (1753, S. 337) "le style est l'homme même". Die Lesart späterer Ausgaben lautet aber: "le style est de l'homme même".—
Où peut-on être mieux
Qu'au sein de sa famille?
Tout est content, le coeur, les yeux.
Vivons, aimons comme nos bons aieux!
(Wo kann man besser weilen, als im Schosse seiner Familie? Alles ist befriedigt, das Herz, die Augen. Leben wir,lieben wir, wie unsre guten Voreltern!)
ist aus Jean François Marmontels (1723-99) am 5. Januar 1769 zuerst aufgeführten, von Grétry komponierten "Lucile".—
Ils sont passés, ces jours de fête,
Sie sind vorbei, des Festes Tage,
stammt aus Anseaumes am 20. Sept. 1769 zuerst aufgeführten Oper "Le Tableau parlant".—
Les extrèmes se touchent
ist in Louis Sebastien Merciers (1740-1814) "Tableau de Paris" (Amst. 1782-88) die Überschrift vom 348. Kapitel des vierten Bandes. Es kommt ferner vor bei Anquetil in "Louis XIV, sa Cour et le Régent", (Paris 1789) 1. Bd. (1674-80).—Labruyère ("Caractères", 1687) sagt: "Une gravité trop étudiée devient comique; ce sont comme des extrémités qui se touchent", und Pascal ("Pensées", 1692): "Les sciences ont deux extrémités qui se touchent".
Epiphanius (4. Jahrh.) "Adversus haereses" I. 3, t. 2 führt als berühmten Ausspruch heidnischer Philosophen an: "αἱ ἀκρότητες, ἰσότητες, extremitates, aequalitates". In des Aristoteles "Moral. Eudemiorum" lib. 3, c. 7, 1234 steht: ἔστι δ' ἐναντιώτερον τοῖς ἀκροῖς τὸ μέσον ἢ ἐκεῖνα ἀλλήλοις, διότι τὸ μὲν μετ' οὐδετέρου γίνεται αὐτῶν τὰ δὲ (τὰ ἄκρα) πολλάκις μετ' ἀλλήλων. (Extrema frequenter una habitant.) Der Commentator zu Cassiani († um 448) "Collationes", c. 16, Alardus Gazaeus sagt: "videtur haec sententia (nimitates aequalitates) proverbialis locutio ex Aristotele desumpta II, Ethik 6".—
Évariste Vicomte de Parny (1753-1814) singt ("Poësies", Par. 1777, Lettre 4):
"La peine est aux lieux qu'n habite
Et le bonheur où l'on n'est paso".
"Die Qual ist überall, wo wir auch hausen,
Und wo wir nicht sind, ist das Glück".
Dies citieren wir mit der Schlusszeile von "Des Fremdlings Abendlied", das Schmidt von Lübeck 1808 im "Taschenbuch zum geselligen Vergnügen" veröffentlichte, in folgender Form:
Da, wo du nicht bist, ist das Glück!
Zelter komponierte das Lied und dann Schubert, der es aber veränderte und "Der Wanderer" betitelte. Bei ihm schliesst es:
"Dort, wo du nicht bist, dort ist das Glück!"—
Jean François Collin d'Harlevilles (1755-1806) stolze Redensart in "Malice pour malice" (1793), 1, 8:
Impossible est un mot que je ne dis jamais,
"Unmöglich" ist ein Wort, dass ich nie ausspreche,
mochte Napoléon I. vorschweben, als er aus Dresden am 9. Juli 1813 (s. "Correspondance") an den Kommandanten von Magdeburg, Grafen Lemarois, schrieb: "'Ce n'est pas possible', m'écrivez-vous: cela n'est pas français"—"'Es ist nicht möglich', schreiben Sie mir: Das ist unfranzösisch". Hieraus entsprang das geflügelte Wort
Impossible n'est pas un mot français.—
Anthelme Brillat-Savarin (1756-1826) begann seine "Physiologie du goût" (1825) mit den "Aphorismes du professeur", deren viertes lautet:
Sage mir, was du isst, und ich sage dir, was du bist.
S. Feuerbachs "Der Mensch ist, was er isst".—
Das ganz unverbürgte Wort des Müllers von Sanssouci an Friedrich den Grossen: "Ja, wenn das Berliner Kammergericht nicht wäre", hat François Guillaume Jean Stanislas Andrieux (1759-1833) den Stoff zu einer poetischen Erzählung "der Müller von Sanssouci" (1797) geliefert. Daraus wird der Vers:
Oui, si nous n'avions pas de juges à Berlin,
Ja, wenn wir in Berlin nicht Richter haben würden,
auch in Deutschland citiert und zwar in der Fassung
Il y a des juges à Berlin.
Lehmanns "Florilegium politicum auctum", (Frankfurt 1662, 1. T., S. 332, No. 46) erzählt eine ähnliche Geschichte, von der eine persische Version aus der Zeit des Chosrev Nuschirvan (531-79) in Wüstenfelds "Zeitschrift der deutschen Morgenländischen Gesellschaft" (18, 406; 1864) mitgeteilt wird.—
Allons, enfants de la patrie!
Auf, Kinder des Vaterlands!
ist der Anfang des in der Nacht vom 24. zum 25. April 1792 in Strassburg von dem Ingenieuroffizier Joseph Rouget de Lisle (1760-1836) gedichteten und komponierten "Chant de guerre de l'armée du Rhin" ("Schlachtgesang der Rheinarmee").
Am 25. April trägt er das Lied beim Maire Dietrich vor und schickt es an demselben Tage mit Widmung an den Oberbefehlshaber der Rheinarmee, Marschall de Luckner. Ende Mai oder Anfang Juni erschien es anonym, mit der Widmung auf zwei Queroctav-Blättern. Am 30. Juli singen es die Marseiller Verbündeten bei ihrem Einzuge in Paris, und von nun an nimmt es die Bezeichnung "Marseillaise" an. Eine Originalausgabe ist in Strassburg i. E. Dann erschien das Lied als "Le Chant des Combats" 1793 im "Almanach des Muses" zu Paris und 1796 in den "Essais en vers et en prose par Joseph Rouget de Lisle" (Paris. P. Didot l'ainé. An 5e de la republique. S. 57-59) unter dem Titel: "Le Chant des Combats, vulgairement L'Hymne des Marseillois. Aux Mânes de Sylvain Bailly, premier Maire de Paris".—
Anne Louise Germaine Baronne de Staël-Holstein, geb. Necker (1766-1817) sagt in ihrem Buch "Corinne, ou L'Italie" (1807; L. 18, Ch. 5): "Überlegenheit von Geist und Seele fürchtet man mit Unrecht; diese Überlegenheit ist vielmehr höchst sittlicher Natur; denn ("tout comprendre rend très-indulgent") Alles richtig verstehen macht sehr nachsichtig . . ." Hieraus scheint der stets auf Frau von Staël zurückgeführte weiter greifende Satz gebildet zu sein:
Tout comprendre c'est tout pardonner.
Alles verstehen ist Alles verzeihen.—
François Auguste Vicomte de Chateaubriand (1768-1848) schildert am Schluss seines Buches "Les Martyrs ou le triomphe de la religion chrétienne" ("Oeuvres" t. 21. p. 132, Paris 1836), wie Alles in Rom donnert und kracht, als ein edles Märtyrerpaar den Tigern in der Arena preisgegeben wird, wie die Götterbilder wanken und man, wie einst in Jerusalem, eine Stimme rufen hört:
Les dieux s'ent vont.
Dies Wort brachte Heine bei uns auf, der 1833 ("Romantische Schule". "Werke". Strodtmann. VI, 101) schrieb: "Les dieux s'en vont, Goethe ist todt." Chateaubriand aber schöpfte aus Flavius Josephus, der ("de bello judaico" VI, 5, 3) unter den Vorzeichen von Jerusalems Untergang anführt, die Priester hätten zu Pfingsten im Tempel ein Getöse verspürt und den vielstimmigen Ruf gehört: "Wir gehen fort von hier!"—
Das in Camille Jordans (1771-1821) "Vrai sens du vote national sur le consulat à vie" (1802, S. 46) enthaltene
"Le couronnement de l'édifice"
die Krönung des Gebäudes
ist durch Napoléon III. zum Schlagworte geworden. Er wendete es in einem Schreiben an den Staatsminister Rouher an, das sein Dekret über vorzunehmende Reformen vom 20. Januar 1867 begleitete. Schon am 14. Febr. 1853 hatte er in seiner Eröffnungsrede des Parlaments gesagt: "La liberté n'a jamais aidé à fonder d'édifice politique durable; elle le couronne quand le temps l'a consolidé". ("Die Freiheit hat niemals ein dauerhaftes Staatsgebäude gründen helfen; sie krönt es, wenn die Zeit es befestigt hat".)—
Aus Méhuls zuerst 1807 in Paris und in Deutschland 1809 aufgeführtem "Joseph in Ägypten", Text von Alexandre Duval (1767-1842), Akt 1 ist:
Ich war Jüngling noch an Jahren.—
Artikel 340 des "Code Napoléon" (vom 20. März 1804) lautet:
La recherche de la paternité est interdite.
Die Erforschung der Vaterschaft ist untersagt.—
Aus Boieldieus zuerst 1812 aufgeführtem "Johann von Paris", dessen Text von St. Just gedichtet ist, stammt:
Welche Lust gewährt das Reisen!—
Aus einer Romanze der zuerst 1814 in Paris aufgeführten Oper Isouards "Joconde" (3. Aufz. No. 1), Text von Étienne (1778-1845) stammt:
"(On pense, on pense encore
A celle qu'on adore,)
Et l'on revient toujours
A ses premiers amours."
"An Die man denkt und denkt,
Der's Herz man einst geschenkt
Und stets kommt man zurück
Aufs erste Liebesglück."
Viele citieren den Vers verderbend: "premières amours", weil sie wähnen, die männliche Form sei ganz unzulässig; aber im "Dictionnaire de l'Académie" (v. J. 1800) steht unter "Amour (Liebschaft)": "presque toujours feminin au pluriel . ." und Etienne bedurfte des Jambenflusses halber dieser Ausnahme von der Regel.—
Aus Boieldieus 1825 zuerst aufgeführten Oper "Die weisse Dame", deren Text von Augustin Eugène Scribe (1791-1861) ist, stammt:
Ha! welche Lust, Soldat zu sein!
Aus Scribes und Germain Delavignes(1790-1868) von Hermann Mendel übersetztem Texte zu Meyerbeers zuerst in Paris 1831 aufgeführtem "Robert der Teufel" ist:
(Ja) das Gold ist nur Chimäre,
das auch den Franzosen in der Form spruchhaft wurde:
Oui, l'or est une chimère.—
Revanche für Pavia!
ist der Nebentitel des Lustspiels "Die Erzählungen der Königin von Navarra" (1851) von Scribe und Ernest Legouvé (geb. 1807).—
Les enfants terribles
erfand der Satirenzeichner Paul Gavarni (Sulpice Guillaume Chevalier, 1801-66) für eine seiner komischen Bilderfolgen.—
Das Lied:
Reich mit des Orients Schätzen beladen,
ist die Übersetzung von Léon Halévys (1802-82):
"Un beau navire à la riche carène etc.",
die der Dresdener Oberpfarrer Karl Kirsch 1829 lieferte (s. "Troubadour, eine Sammlung von Romanzen, Liedern und Nocturnes, Worte von Karl Kirsch". Lpzg. o. J., Industrie-Comptoir). Den Titel "La jeune Indienne" übertrug er mit "das Hindumädchen"; die erste Zeile lautete jedoch: "Reich mit des Orients Segen beladen". Der Komponist Louis Huth veränderte es zu der oben angegebenen Fassung. Hiernach wären die Angaben Hoffmann v. Fallerslebens ("Unsere volkstümlichen Lieder", No. 741) umzugestalten. Jedenfalls kannte der Übersetzer die Verse aus Schillers "Ring des Polykrates":
"Mit fremden Schätzen reich beladen,
Kehrt zu den heimischen Gestaden
Der Schiffe mastenreicher Wald."—
Aus Eugène Sues (1804-57) "le Juif errant" (1844-45) ist
Rodin
für die Bezeichnung eines Jesuiten typisch geworden.—
Chauvin,
ein Rekrut, tritt in dem am 19. März 1831 im Theater "Folies dramatiques" mit vielem Beifall aufgeführten Lustspiele der Gebrüder Cogniard (Théodore, 1806-72, und Hippolyte, 1807-82,) "La cocarde tricolore" auf. Im "Figaro" (28. Jahrg., Sér. 3, No. 41) behauptet ein alter Pariser, er habe diesen Haudegen persönlich gekannt. Nach Littré ist es jedoch nur eine auf volkstümlichen Zeichnungen vorkommende Figur, die, eines verblendeten und beschränkten Patriotismus Gefühle in Bezug auf Napoléons I. Erfolge und Misserfolge ausdrückend, demjenigen den Namen gab, der übertriebene und lächerliche Ansichten über Vaterlandsliebe und Krieg hat.—
La propriété c'est le vol,
Eigentum ist Diebstahl,
sagt Pierre Joseph Proudhon (1809-65) in "Qu'est-ce que c'est que la propriété? ou: Recherches sur le principe du droit et du gouvernement" (Paris 1840). Brissot schrieb bereits in seinen "Recherches philosophiques sur le droit de propriété et sur le vol considéré dans sa nature" (1780): "La propriété exclusive est un vol dans sa nature". Übrigens sagen schon im 13. Jahrh. die Weisheitssprüche hinter Jehuda Tibbons Ermahnungsschrift (Berlin 1852), dass Eigentum, d. h. Geld, Diebstahl ist; und "Eigentum ist etwas Abscheuliches" heisst es in Morellys "Le Code de la nature" (Amsterd. 1755).—
Le spectre rouge (de 1852)
Das rothe Gespenst (von 1852)
ist der Titel einer Broschüre M. A. Romieus (4o Edit. Berlin 1851), in welcher er für Frankreich den Bürgerkrieg prophezeit.—
(Le) Demi-monde Halbwelt
ist der Titel eines 1855 veröffentlichten Romans von Alexandre Dumas dem Jüngeren (geb. 1824).—
Auf, nach Kreta!
ist aus Offenbachs Operette "Die schöne Helena" (1865), deren Text von Henry Meilhac (geb. 1832) und Ludovic Halévy (geb. 1834) herrührt.—
VI.
Geflügelte Worte aus englischen Schriftstellern.
Utopien
(d. h. Nirgendreich aus dem griechischen οὐ, nicht, und τόπος, Ort) nennen wir ein von der Phantasie geschaffenes, ideales, unmögliches Land nach der von Thomas Morus (1480-1535) 1516 verfassten Schrift "De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia" ("über den besten Zustand des Staates und über die neue Insel Utopien").—
In Sir Philip Sidneys (1554-86) "Arcadia", 3, die erst nach seinem Tode erschien, steht:
My better half
meine bessere Hälfte.—
In englischer Sprache citieren wir:
My house is my castle,
Mein Haus ist meine Burg,
die Umformung eines Rechtsspruches bei Sir Edward Coke (1551-1633), der ("Institutes", T. 3, R. 162, Abschnitt "Gegen das Bewaffnetgehen") den Satz "Es darf Jemand Freund und Nachbarn versammeln, um sein Haus gegen Diejenigen zu verteidigen, welche ihn berauben oder töten oder ihm darin Gewalt anthun wollen", also begründet:
For a man's house is his castle.
Denn eines Mannes Haus ist seine Veste.
Er sagt ferner in "Semaynes Case" (5, Report 91): "Das Haus eines Jeglichen ist ihm gleich wie seine Burg und seine Veste, sowohl zu seiner Verteidigung gegen Beleidigung und Gewalt wie zu seiner Ruhe". Doch hätten wir es kaum nötig, diesen alten Rechtsspruch englisch zu citieren, da er im Haimburger Stadtrecht von 1244 deutsch lautet: "Wir wollen auch, daz einem jegeleichen purger sein Haus seine Veste sei". (Osenbrüggen "Der Hausfrieden", Erlangen 1857, S. 3 und 4.)—
Francis Bacon (1561-1626) veröffentlichte "Essayes. Religious Meditations. Plaies of perswasion and disswasion". (Scene and allowed. Print. f. H. Hooper. Chancery Lane. 1597.) Der besondere Titel der zweiten, auf dem Gesamttitel als "Religious Meditations" bezeichneten Abteilung lautet: "Meditationes sacrae". (Londini. Excud. Joh. Windel.) Nur diese "Meditationes sacrae" erschienen hier in lateinischer Sprache, und in deren 11. Artikel "De Haeresibus" steht die Stelle: "nam et ipsa scientia potestas est" (denn die Wissenschaft selbst ist Macht). 1598 wurde dieser Sammelband bei demselben Verleger wieder abgedruckt, nur dass in dieser Ausgabe die "Religious meditations" auch englisch erschienen; hier im 11. Artikel "Of Heresies" ist Obiges übersetzt: for (denn)
knowledge (itself) is power,
Wissenschaft (selbst) ist Macht.
Im "novum organum" 1, 3 (vrgl. 2, 1 u. 3) begründet es Bacon also:
"scientia et potentia humana in idem coincidunt, quia ignoratio causae destituit effectum" (Der Menschen Wissen und Macht fällt in Eins zusammen, weil Unkenntnis jeden Erfolg vereitelt).—
Shakespeare (1564-1616), der hier nach der sogenannten Schlegel-Tieckschen Übersetzung citiert wird, in der jedoch dreizehn Dramen von Wolf Graf Baudissin bearbeitet sind, bietet im "Hamlet" 1, 2:
Schwachheit, dein Nam' ist Weib!
Frailty, thy name is woman!
Vordem übersetzte Wieland:
Gebrechlichkeit, dein Nam' ist Weib!
Raupach ("Die Schleichhändler", Akt 2 geg. Ende) bildete daraus die Travestie:
O Verstellung, dein Name ist Kieckebusch!—
Im "Hamlet" 1, 2 heisst es ferner:
Er war ein Mann, nehmt Alles nur in Allem,
Ich werde nimmer seines Gleichen seh'n,
He was a man, take him for all in all,
I shall not look upon his like again,
wie auch Antonius vom Brutus im "Cäsar", 5, 5 sagt:
Dies war ein Mann;
This was a man!
"Hamlet" 1, 4 steht:
(Du kommst in) so fragwürdiger Gestalt,
(Thou com'st in) such a questionable shape,
Etwas ist faul im Staate Dänemark;
Something is rotten in the state of Denmark;
1, 5:
(But soft! methinks,) I scent the morning air,
(Doch still! mich dünkt) ich witt're Morgenluft,
(was in Bürgers "Lenore", Str. 28 wiederholt wird);
Es giebt mehr Ding' im Himmel und auf Erden,
Als eure Schulweisheit sich träumen lässt;
There are more things in heaven and earth, Horatio,
Than are dreamt of in our philosophy;
Die Zeit ist aus den Fugen,
The time is out of joint.
"Hamlet" 2, 2 steht:
Kürze ist des Witzes Seele,
Brevity is the soul of wit;
auch hört man die Übersetzung: "Kürze ist des Witzes Würze";
Mehr Inhalt, wen'ger Kunst;
More matter, with less art;
Zweifle an der Sonne Klarheit,
Zweifle an der Sterne Licht,
Zweifl', ob lügen kann die Wahrheit,
Nur an meiner Liebe nicht;
Doubt thou, the stars are fire,
Doubt that the sun doth move;
Doubt truth to be a liar;
But never doubt, I love;
Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode;
Though this be madness, yet there is method in it;
Kaviar für das Volk;
Caviare to the general;